Heute morgen sind wir um kurz nach sechs Uhr von lauten Geräuschen geweckt worden. Wir haben den Anker ins Wasser gelassen und der Blick aus dem Fenster hat uns staunen lassen: wir lagen direkt vor Kap Hoorn, dem Ende der Welt.
Das Wasser in der Drake-Passage, wie die Gewässer hier heißen, war relativ ruhig und wir haben beobachtet, wie die Zodiacs ins Wasser gelassen wurden. Als immer mehr abgeladen wurden war klar: wir gehen an Land! Die Wahrscheinlichkeit liegt bei 80 %, der Landgang wird direkt vor Ort aufgrund der Umstände beschlossen und wir hatten Glück. Wir haben uns ganz schnell unsere Klamotten angezogen und sind an Deck gegangen. Kurz danach saßen wir schon im Zodiac und wurden übergesetzt. An der Landestelle stand die Crew bereit und hat dafür gesorgt, dass alle sicher an Land kommen. Die Barkeeper von gestern Abend standen in Neoprenanzügen im Wasser und haben das Zodiac gehalten.
160 Stufen ging es dann bergauf und wir standen auf der 425 m hohen Insel. Wir wurden von dem derzeitigen Bewohner von Kap Hoorn begrüßt.
Er ist mit seiner Frau und seinen drei Kindern vor vier Tagen für ein Jahr hierher gezogen und betreut den Aussenposten der Marine von hier aus. Wer auf die Insel will muss sich von ihm eine Genehmigung holen. Der Kapitän unseres Schiffes ist als erster übergesetzt und hat den neuen Bewohner begrüßt und sich vorgestellt. Die Familie bekommt alle zwei Monate eine Lieferung Lebensmittel und die beiden Australis Schiffe bringen wohl ab und zu ein bisschen frisches Obst und Gemüse mit den Touristen mit.
Wir sind über die Insel gelaufen, es war windig und hat genieselt – passenderes Wetter gibt es für das Ende der Welt nicht. Blauer Himmel hätte hier irgendwie nicht hin gepasst. Wir haben vor dem Monument ein paar Bilder gemacht und konnten sogar auf den Leuchtturm. Dann haben wir uns in dem Buch eingetragen, dass wir da waren und haben noch die Kapelle besucht.
Es ist schon ein sehr eindrucksvoller Ort hier. Wir sind hier über 2000 km südlicher als das Kap der guten Hoffnung in Südafrika. Hier sind bei dem Versuch das Kap mit dem Segelboot zu umrunden über 800 Schiffe gesunken und über 10.000 Menschen gestorben. Die, die es geschafft haben, haben zwischen 5 Tagen und 3 Monaten gebraucht.
Zurück auf dem Schiff haben wir mit Blick auf das Kap gefrühstückt und den Anker gelichtet. Wir mussten etwas auf das offene Meer hinaus und haben sofort das extrem aufgewühlte Wasser gemerkt, es hat geschwankt ohne Ende und das Geschirr ist von den Tischen geflogen und kaputt gegangen.
Wir sind wieder in Richtung Norden aufgebrochen, der Himmel ist aufgerissen und der patagonische bzw. feuerländische Sturm kam zurück. Das Meer war voller Schaumkronen und im Freien filmen wurde zur Herausforderung, da man sich kaum selber auf den Beinen halten konnte. Am Horizont sind schneebedeckte Berge aufgetaucht, die strahlend weiß geleuchtet haben – toll!
Als nächstes haben wir in der Wulaiabucht angehalten und sind an Land gebracht worden. Wir haben gelernt, wie die Bewohner hier früher gelebt haben. Wir haben wieder das Indianerbrot gesehen, das wir neulich im Wald beim Fitz Roy schon gesehen haben, dieses Mal war es aber orange, nicht gelb. Leider war es noch nicht reif, so dass wir es noch nicht probieren konnten.
Von einem Hügel hatten wir einen traumhaften Blick über die Bucht.
Es kam langsam Wehmut auf, denn wir könnten alle weiter reisen und uns wurde bewusst, dass dies der letzte Ausflug ist.
Zurück auf dem Schiff haben wir den tollen Nachmittag mit einem Cocktail begossen. Nach dem Abendessen wurde die Navigationskarte unserer Reise versteigert und hat für 280 USD den Besitzer gewechselt. Wir von Tisch 35 haben uns noch einen schönen Abend gemacht und sind irgendwann ins Bett gefallen. Vorher haben wir uns aber noch gefreut, denn der Kapitän hat uns eine Urkunde ausgestellt, dass wir am 2.12.2018 Kap Hoorn erreicht haben. Sehr cool!